Zur Vereinsarbeit und meiner Arbeit als Vorstand gehört auch das Thema Pressearbeit. Dies bedeutet, dass ich versuche zu jedem Event eine Mitteilung in der (meist örtlichen) Presse zu platzieren. Bei unserem letzten Con hatten wir eine sehr nette Redakteurin des Sauerlandkurier mit dabei, die über die Veranstaltung berichtet hat (siehe hier).
Diesmal ging es um Presse für die LARPcom 2017 am letzten Februar-Wochenende. Nachdem ich mehrere lokale Zeitungen angeschrieben hatte, hat sich tatsächlich der „Hinterländer Anzeiger“
(ja, die heißen wirklich so, das Hinterland ist eine Region bei Marburg) gemeldet und mit mir ein schriftliches Interview geführt. Dabei ging es hauptsächlich um LARP im Allgemeinen und nur sehr knapp um die eigentliche Veranstaltung und es wurden auch wieder viele „klassische“ Fragen zum Thema Live-Rollenspiel gestellt – aber bei Laien lässt sich das wahrscheinlich nicht vermeiden.
Nun ist das Interview als Artikel am 02.02.2017 im Hinterländer Anzeiger in gekürzter Form als Print-Version erschienen und kann außerdem online in voller Länge eingesehen werden (leider nur gegen Registrierung).
Um euch das Interview trotzdem zugänglich zu machen, habt ihr hier nochmal die Möglichkeit, das komplette Interview zu lesen, dass ich dem Hinterländer Anzeiger zugeschickt habe. Interviewt hat mich Herr Röder, der beim Hinterländer Anzeiger für die sogenannte „Special Interest“-Ecke zuständig ist:
Hinterländer Anzeiger: Frau Munz, Sie betreiben aktiv Live Action Role Playing (LARP). Erzählen Sie doch mal – was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Katharina Munz: Hinter dem Begriff LARP, auf Deutsch Live-Rollenspiel, verbirgt sich eine Form des Improvisations-Theaterspiels, bei dem der Zuschauer gleichzeitig auch selbst Schauspieler ist. Das bedeutet, dass ich mir nicht nur eine Geschichte auf der Bühne anschauen, sondern tatsächlich aktiv mitwirken und daran teilhaben kann. Jeder spielt dabei eine für sich selbst ausgesuchte Rolle, die er dann, so gut es ihm möglich ist, verkörpert. Dabei spielen, wie im Theater auch, Kostüme und Ausrüstung eine große Rolle. Live-Rollenspiel findet normalerweise nicht in einem Theater oder auf einer Bühne statt, sondern auf sogenannten „Cons“, der Kurzform für Convention. Diese Cons finden an speziell ausgesuchten Plätzen wie z.B. in der Natur, auf einer Burg oder in einer Jugendherberge statt, wo durch das Zusammenspiel der Teilnehmer eine Geschichte lebendig und erlebbar wird. Und man ist selbst ein Protagonist in dieser Geschichte und kann deren Ausgang bestimmen. Die Leitung dieser Cons liegt bei der Spielleitung, die sich die Geschichte vorher ausgedacht und entsprechend vorbereitet hat, damit die Spieler sich dann an das Lösen eben dieser Geschichte machen können.
HA: Beim LARP schlüpfen die Teilnehmer in andere Rollen. Sie verkörpern andere Charaktere, meist aus einem Fantasy-Kontext. Gibt es den einen Charakter, den Sie verkörpern – wenn ja, welcher – oder haben Sie mehrere?
Munz: Ich habe, wie die meisten Live-Rollenspieler, tatsächlich mehrere Charaktere, die unterschiedliche Schwerpunkte haben. Wie Sie bereits erwähnt haben finden Live-Rollenspiele häufig vor einem fiktiven Fantasy-Hintergrund wie z.B. „Der Herr der Ringe“ statt. Deshalb kommen dort auch Elemente vor, die es in der Realität nicht gibt. Beispiele hierfür sind z.B. Magie oder sogenannte „Fremdrassen“, also Wesen wie Elfen oder Orks. Einer der Charaktere, die ich darstelle, ist eine Elfe in diplomatischem Auftrag, die auf Reisen ist, um mit fremden Völkern und Kulturen Kontakt aufzunehmen. Daraus ergibt sich auch direkt ein guter Anknüpfungspunkt, um mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu kommen und gemeinsam zu spielen. Ich habe aber auch schon Ritterinnen und Hexen gespielt. In fünfzehn Jahren Live-Rollenspiel kommen da schon einige Charaktere zusammen. Die Auswahl, welchen Charakter ich an einem speziellen Event spielen möchte, treffe ich frei nach Lust und Laune – und natürlich danach, ob der Charakter zu dem Live-Rollenspiel passt, auf das ich gehen werde.
HA: Entwickeln sich diese Charaktere auch weiter?
Munz: Ja, Charaktere können sich weiterentwickeln. Je mehr Erfahrung ein Spieler mit einem speziellen Charakter sammelt, desto mehr kann sich dieser Charakter weiterentwickeln. Dies kann auf verschiedene Arten geschehen. Live-Rollenspiel ist ein Spiel und unterliegt dementsprechend gewissen Regeln, die auch die Weiterentwicklung eines Charakters betreffen können. Es gibt Regelsysteme, in denen ein Charakter mit mehr Erfahrung neue Fertigkeiten erlangen (wie z.B. die oben angesprochene Magie) und sich verbessern kann, was dann wiederum das Spielverhalten auf dem nächsten Event verändert. Aber das Spiel eines Charakters hängt häufig auch davon ab, was man mit diesem Charakter auf den Cons erlebt und welche Veränderungen sich dadurch im Charakter ergeben. Das ist eine Entscheidung des Spielers, welche Erlebnisse er in seinen Charakter einbauen möchte und welche nicht, und an sich unabhängig von Regelwerken und Fertigkeiten.
HA: Wie entscheidet sich, wer welchen Charakter spielt? Wird der Kfz-Mechaniker zum Schmied, der Bundeswehrsoldat zum Ritter und der Musiker zum Barden?
Munz: Zumindest beim Barden wäre es wünschenswert, wenn er auch im realen Leben Ahnung von Musik hat. Das ist leider, zum Leidwesen aller Beteiligten, nicht immer der Fall. An sich sucht sich aber jeder Spieler selbst aus, was er spielen möchte – meist nach dem Aspekt, was ihm auf einem LARP Spaß macht – unterliegt dabei aber gewissen Voraussetzungen. Dabei geht es vor allem um die Darstellbarkeit der Charaktere. Ein Ritter sollte auch als solcher zu erkennen sein und da lebt Live-Rollenspiel tatsächlich von Klischees. Für einen Ritter wäre also eine Rüstung und eine Waffe und im besten Fall noch ein Knappe wünschenswert. Ein Zwerg sollte eine entsprechende Statur aufweisen und besagter Barde Musizieren oder Singen können. Kann man das nicht, sollte man vielleicht einen anderen Charakter wählen, der von den anderen Teilnehmern auch recht schnell als das erkannt wird, was man darstellen möchte.
Es gibt allerdings auch andere Formen von Live-Rollenspiel (z.B. Krimi-LARPs, die in den 20er Jahren spielen), bei denen die Teilnehmer vorgeschriebene Charaktere von der Spielleitung bekommen, um eine homogene Gruppe an Charakteren zu gewährleisten. Dies sind aber meist Einzelveranstaltungen und der Charakter wird danach nicht weiter gespielt.
HA: Raue Gesellen mit Äxten, Herolde in glänzenden Rüstungen, Orks mit schweren Schwertern – wird bei LARP auch gegeneinander gekämpft. Wie läuft das ab?
Munz: Besonders Live-Rollenspiele auf Fantasy-Hintergrund beinhalten häufig auch das Element des Kampfes – zum einen weil es in das Setting einer mittelalterlichen Fantasy-Welt passt und zum anderen weil die sportliche Auseinandersetzung auch einfach Spaß macht. Allerdings gibt es hierzu sehr klare Regeln, die bei den Teilnehmern für Sicherheit sorgen. Das fängt schon bei den verwendeten „Waffen“ an. Bei LARP-Waffen handelt es sich um Polsterwaffen aus Schaumstoff mit einem Glasfaserkern und Latexummantelung. Diese Waffen gibt es in den verschiedensten Ausführungen, als Schwerter, Äxte, Knüppel usw. Ein Treffer mit einer solchen Polsterwaffe ist meist harmlos und verursacht keinen Schaden – von dem ein oder anderen blauen Fleck einmal abgesehen. Für den Kampf selbst gibt es feste Regeln und es gilt immer die Rücksichtnahme auf den Spielpartner. Es darf z.B. nicht auf den Kopf, die Hände oder in die Genitalien geschlagen werden. Jeder Kämpfer sollte auch immer beim Kampf ein Auge auf das Gelände haben. Nähert man sich einer riskanten Stelle, wie z.B. einem Abhang, wird der Kampf unterbrochen – meist von den Kämpfern selbst, manchmal auch von der Spielleitung – und man geht gemeinsam fünf Meter zurück, um die Sicherheit wieder herzustellen.
HA: Wie muss man sich ein LARP-Event vorstellen? Wie bereiten Sie sich vor?
Munz: Diese Frage ist schwer in Kurzform zu beantworten. Aber vielleicht geht es am besten, wenn man sich den Ablauf eines LARP-Events anschaut. Das beginnt mit der Vorbereitung, die Sie angesprochen haben. Normalerweise melden wir uns zu Beginn des Jahres bei den Cons an, die wir (als Paar oder auch mit Freunden gemeinsam) über das Jahr hinweg besuchen wollen, zahlen den Teilnahmebeitrag und gehen dann erst einmal wieder unserem ganz normalen Alltag nach. Wenn man die Zeit hat bereitet man sich in der Woche vor dem LARP-Event ein wenig vor, indem man schon einmal sein Kostüm herauslegt, Ausrüstung packt, ggf. Verpflegung einkauft, die man mitnehmen möchte. Freitags nach der Arbeit geht es dann los, das Auto wird gepackt – Live-Rollenspieler fahren am liebsten Combis, da passt alles rein – und man macht sich auf die Fahrt zum Ort der Veranstaltung. Dort wird alles wieder ausgepackt, was man vorher in Tetris-Manier ins Auto gestapelt hat, ggf. das Zelt aufgebaut – sozusagen das Lager aufgeschlagen. Man trifft vielleicht alte Bekannte, die man schon von anderen Cons kennt und tauscht sich ein wenig aus. Gegen Abend schlüpft man in sein Kostüm, trägt je nach Charakter Schminke auf und bereitet sich auf den Start des Spiels vor, das normalerweise Freitagabends beginnt. Die Spielleitung begrüßt die Teilnehmer, sagt noch ein paar Worte zu wichtigen Aspekten wie den Regeln o.ä. und dann geht es los – die Spieler agieren ab jetzt so weit wie möglich innerhalb ihres Charakters. Das Spiel beginnt und die Geschichte, die sich die Spielleitung ausgedacht hat und die die Spieler für sich entdecken sollen, nimmt ihren Lauf.
Aufgebaut sind diese Geschichten meist sehr klassisch: Am Freitagabend stoßen die Charaktere auf ein irgendwie geartetes Problem: Ein Dorf bittet die Charaktere um Hilfe bei einer Bedrohung durch unbekannte Wesen aus dem Wald, es passiert ein Ereignis, dass die Charaktere ins Handeln bringt o.ä. Der Freitagabend stellt sozusagen die Frage: Was ist hier los? Was ist das Problem? Erste Hinweise werden entdeckt und man geht Freitagnachts zu Bett (bzw. in den Schlafsack) mit einer vagen Ahnung, wie die Geschichte aussehen könnte. Der Samstag bringt mehr Hinweise und ggf. unerwartete Wendungen – ganz wie in einem guten Buch – und die Charaktere können sich die Lösung des Problems auf verschiedene Arten erarbeiten. Meist gipfelt die Geschichte in einem finalen Akt am Samstagabend oder in der Nacht, in dem das Problem bzw. das Rätsel gelöst und alles zu einem (hoffentlich) guten Ende geführt wird. Danach klingt der Abend mit einer gemütlichen Feier aus. Es wird am Feuer Musik gemacht und gesungen, sich miteinander unterhalten und vielleicht auch getanzt. Und oft wird dabei aus dem Charakter auch wieder der Spieler, man unterhält sich mit anderen Spielern über Dinge außerhalb des LARPs, erzählt Geschichten, lernt sich besser kennen und verbringt noch einen schönen Abend miteinander, bevor es am Sonntagmorgen ans Lager abbauen, einpacken und dann ans nach Hause fahren geht.
HA: Ganz allgemein: Kann da jeder mitmachen? Wie viele Teilnehmer hat ein solcher Event und was kostet die Teilnahme?
Munz: Ja, da kann jeder mitmachen und wir freuen uns immer über Neuzugänge und Neugierige. Live-Rollenspieler sind im Allgemeinen sehr kontaktfreudige Menschen, helfen gerne beim Einstieg in das Hobby und beantworten Fragen. Die einzige Einschränkung besteht häufig darin, dass die meisten Veranstalter keine minderjährigen Teilnehmer zulassen. Es gibt jedoch inzwischen viele Veranstalter, die Kinder- und Jugend-LARPs anbieten, die häufig auch einen pädagogischen Hintergrund haben. Die Größe von Live-Rollenspielen variiert stark, das klassische LARP hat aber normalerweise zwischen 40 und 120 Teilnehmer. Großveranstaltungen die z.B. das Conquest of Mythodea kommen auf mehrere Tausend Teilnehmer aus ganz Europa, das ist aber nicht der Standard. Auch die Kosten für ein LARP variieren stark, vor allem nach der Form der Unterbringung. Cons, bei denen im eigenen Zelt geschlafen wird und die Teilnehmer sich selbst verpflegen sind normalerweise günstiger (zwischen 50,- und 90,- Euro pro Wochenende) als Veranstaltungen auf Burgen oder in Jugendherbergen mit Vollverpflegung (ab 80,- nach oben offen).
HA: Fantasy, Kostüme, mittelalterliche Waffen – wie oft wird man als Live-Rollenspieler in die Nerd-Ecke gedrängt? Wie geht man damit um? Was entgegnet man jenen, die Ihr Hobby belächeln?
Munz: Die wenigsten Menschen können auf Anhieb etwas mit dem Begriff des Live-Rollenspiels anfangen und Erklärungen stoßen oft auf viele Fragezeichen. Das liegt daran, dass Live-Rollenspiel eine absolut erlebnisorientierte Beschäftigung ist, die man zwar theoretisch erklären kann – um wirklich zu verstehen, was es ist, muss man es allerdings selbst einmal erlebt haben – wozu jeder, der möchte, herzlich eingeladen ist. Von daher wird man natürlich recht oft in der Nerd-Ecke verortet, wobei sich das in den letzten Jahren, in denen LARP auch z.B. als pädagogische Methode in der Kinder- und Jugendarbeit bekannter geworden ist, verändert. Auch gibt es inzwischen einige Berichterstattungen und Fernseh-Dokumentationen zu diesem Thema, die allerdings nicht alle das Hobby korrekt darstellen und den Eindruck „weltfremder Spinner“ noch verstärken. Darüber ärgern sich Live-Rollenspieler schon, da es so gar nicht der Realität entspricht. Aber LARPer kennen das Problem des „Nerd-Stempels“ schon sehr lange und können an sich recht entspannt damit umgehen. Als beste Reaktion, wenn man belächelt wird, hat sich das Zurücklächeln bewährt. Und dann kann man schauen, ob der andere ein tatsächliches Interesse hat, das kennenzulernen, was man da macht – oder es bleibt eben bei dem Lächeln. LARPer sind sich durchaus bewusst, dass ihr Hobby speziell ist und die Faszination dafür nicht von jedem geteilt bzw. das Hobby an sich nicht von jedem verstanden wird. Leben und Leben lassen.
HA: Was macht für Sie die Faszination von LARP aus? Ist es eine Form des Eskapismus?
Munz: Man könnte LARP als eine Form des Escapismus sehen – insofern man ein spannendes Buch lesen, Bergsteigen oder Theaterspielen auch als Escapismus bezeichnen möchte. Das verbreitete Vorurteil, LARPer seien weltfremde Spinner, die so in ihrem Spiel-Charakter aufgehen, dass sie den Bezug zur Realität verlieren ist genau das: Ein Vorurteil – und noch nicht mal ein originelles. Die meisten LARPer sind ganz normale Menschen wie Sie und ich (wobei ich ja auch einer dieser LARPer bin, von daher hinkt der Vergleich ein wenig), stehen mitten im Leben, haben ganz normale Jobs, Familien und vielleicht sogar das klischee-deutsche Reihenhäuschen – mit einem möglichst großen Keller, denn LARP-Ausrüstung benötigt eine Menge Platz. Und auch in vielen anderen Dingen unterscheiden sie sich nicht von der deutschen Allgemein-bevölkerung. Denn wir alle lesen gerne gute Bücher, schauen spannende Filme und können uns darin für eine Weile verlieren – im besten Sinne. Live-Rollenspiel hat aber dabei den Vorteil, die Geschichten, die diese Filme und Bücher so gut machen, selbst erleben und sogar deren Ausgang mitbestimmen zu können.
Das ist eine der Hauptfaszinationen, die für mich LARP ausmachen. Geschichten erleben und entdecken und aktiv daran mitwirken zu können. Es gibt aber noch viele andere Aspekte, die LARP zu einem so grandiosen Hobby machen. Denn LARP findet nicht nur auf den Cons am Wochenende statt, sondern auch einen großen Teil des Jahres über zuhause. Charaktere müssen erdacht, Kostüme und Ausrüstung müssen hergestellt oder beschafft werden. Waffen müssen ggf. gebaut und Hintergrundwissen recherchiert werden. LARP hat den großen Vorteil, dass es sehr viele Sekundär-Disziplinen in sich vereint, nicht nur das (Impro-Theater-) Spielen alleine. Denn die meisten Kostüme sind selbst genäht, viele Lederelemente an der Ausrüstung selbst bearbeitet oder hergestellt, Rüstungen werden nach historischem Vorbild ausgewählt, wofür man sich das entsprechende Wissen erst einmal aneignen muss. Viele der männlichen LARPer können schneidern bzw. nähen – was unter der männlichen Allgemeinbevölkerung eher weniger verbreitet sein dürfte. So erlernt der Live-Rollenspieler im Laufe seines LARP-Lebens eine Menge zusätzlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten wie z.B. das besagte Schneidern, Holz- und Lederbearbeitung, Quellenrecherche, Kalligraphie, Schauspielerei, Schminken u.v.m. All diese Aspekte, und natürlich auch die Leistung einen eigenen Charakter mit Hintergrund und speziellen Eigenschaften zu erschaffen, machen LARP zu einem unglaublich vielseitigen und kreativen Hobby, dass viele Fertigkeiten schult und fördert. Von den vielgerühmten Soft-Skills mal ganz abgesehen, diese werden nämlich im Spiel mit den anderen Teilnehmern durchaus benötigt und gefordert. Denn LARP ist auch immer eines: Ein soziales Spiel. Niemand larpt für sich alleine, es ist immer ein soziales Event.
Und nicht zuletzt ist LARP unglaublich entspannend. Aufgrund der starken Erlebnisorientierung, die Live-Rollenspiel auszeichnet, ist man mit allen Sinnen auf das Spiel und die eigenen Sinneseindrücke, das Erlebnis in der Gruppe und die sich entspinnende Geschichte fokussiert. Ein idealer Zustand, um vom Stress des beruflichen Alltags Abstand zu bekommen und für ein Wochenende ganz auszuspannen – ohne dabei den Bezug zur Realität zu verlieren.
HA: Zurück von einem LARP-Event – Wie schnell hat einen der Alltag wieder und was machen Sie, wenn Sie nicht in eine Fantasywelt eintauchen?
Munz: LARPs finden meist übers Wochenende statt. Der Alltag beginnt dann im Prinzip auf der Rückfahrt oder am Sonntagabend wenn alle Materialien wieder in Keller und Schränken verstaut sind und ich mich geistig auf den Arbeitsbeginn am Montagmorgen vorbereite. Wenn ich nicht gerade auf einem Con in eine Fantasy-Welt eintauche, was ich ca. fünf bis sechs Mal im Jahr für ein Wochenende tue, bin ich Diplom-Sozialpädagogin und zertifizierte Psychologische Beraterin im Suchthilfezentrum in Wiesbaden und kümmere mich dort um die Themen Suchtprävention, jugendliche Cannabis-Konsumenten und Medienabhängige. Oder ich organisiere mit unserem Verein, der Gesellschaft für Live-Rollenspiele e.V., selbst Cons, an denen Spieler teilnehmen können. Als Veranstalter taucht man nicht so tief in die Fantasy-Welt ein, da man viel zu sehr damit beschäftigt ist, die Spieler zu koordinieren, das Catering zu organisieren oder schlicht und ergreifend Klopapier nachzufüllen. Eben Event-Management.
HA: Zuletzt noch zwei Fragen zur Marburger LARPcom: Was erwartet die Teilnehmer der Convention?
Munz: Die Teilnehmer erwartet eine Fachtagung, die sich mit den vielen verschiedenen Aspekten und Mechanismen von LARP auf einer Meta-Ebene beschäftigt. Dies geschieht in Vorträgen und Seminaren und wir diskutieren darüber was LARP eigentlich ist, was man verändern könnte oder sollte, bzw. welche neuen Aspekte man aufgreifen und einbauen kann, um Live-Rollenspiele noch besser und facettenreicher zu machen. Es ist also tatsächlich eine Veranstaltung weniger für die Spieler, sondern eher für die Veranstalter von Live-Rollenspielen – obwohl interessierte Spieler trotzdem herzlich eingeladen sind. Über die Tagung informieren kann man sich auf der Homepage der LARPcom unter https://larpcom.wordpress.com, dort kann man sich auch anmelden, wenn man dabei sein möchte.
HA: Wie kommen Sie auf Marburg als Austragungsort; immerhin hat Ihr Verein, die Gesellschaft für Live-Rollenspiel ihren Sitz in Wetter/Ruhr; sie selbst stammen aus Wiesbaden. Da liegt Marburg ja nicht gerade um die Ecke?!
Munz: Zum einen haben wir Marburg als Veranstaltungsort gewählt, weil die Jugendherberge in Bezug auf das Preis-Leistungsverhältnis die besten Bedingungen für unsere Veranstaltung bot. Zum anderen liegt Marburg relativ zentral in Deutschland. Da wir LARP-Orgas und -Vereine aus dem kompletten Bundesgebiet ansprechen, war Marburg somit der ideale Ort, um sich zu treffen. Und normalerweise sind Live-Rollenspieler es durchaus gewohnt, recht weit zu einem Live-Rollenspiel zu fahren – vor diesem Hintergrund liegt Marburg von Wiesbaden aus also tatsächlich um die Ecke.